Bilder aus Washington zeigten etwas Unfassbares: ein von Donald J. Trump angefeuerter Mob stürmte das Kapitol. Ein Proud Boy fläzte sich auf dem Platz des Vizepräsidenten im Senat, ein anderer durchsuchte das Büro von Nancy Pelosi. Der Präsident schaute bei seinem Lieblingssender zu. Erst nach scharfer Intervention durch Joseph R. Biden Jr. rief er seine Fans dazu auf, nach Hause zu gehen. Er liebe sie, sie seien besondere Menschen. Eine Woche zuvor hatte er sie via Twitter nach Washington DC eingeladen.
Hier erinnert man sich, Jahre später, an verhinderte Pläne sogenannter Reichsbürger, den Reichstag zu stürmen. Zurück nach Washington: Trump forderte seine Anhänger dazu auf, zum Kapitol zu ziehen. Er tat das in süßlichem Sülzeton und wiegte sich dazu um seinen Bauchnabel. Wer ihn nur lange genug beobachtet hatte, konnte keinen Zweifel daran haben, wozu er seine Anhänger aufforderte. Trump hat Öl ins Feuer gegossen und Wut angestachelt.
Am Tag der Beglaubigung der Wahl Joseph R. Bidens Jr. hat sich Vizepräsident Pence endlich von Trump distanziert: er habe nicht das Recht, das Wahlergebnis anzuzweifeln. Mitch McConnell, der greise Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, sah die Demokratie in einer Todesspirale untergehen. Zeigt sich das wahre Gesicht eines Politikers erst dann, wenn er eine Niederlage eingestehen muss? Das wird am 24. Februar dieses Jahres in Deutschland zu besichtigen sein. In der Demokratie gehört es sich, den Nachfolgenden eine glückliche Hand zu wünschen.
Zurück nach Washington: Die Rolle des Vizepräsidenten an diesem Tag war es, das Wahlergebnis zu bestätigen und dafür die in den Bundesstaaten ermittelten Ergebnisse aufzurufen. Als der Mob das Kapitol stürmte, befand Mike Pence sich in Lebensgefahr. Viele riefen dazu auf, ihn zu hängen. Gut dass er den Personenschützern nicht traute, die ihn vom Kapitol evakuieren sollten.
Drei Jahre vorher hatten die Politikwissenschaftler im zweiten Amtsjahr Donald Trumps das Buch „How Democracies Die“ veröffentlicht, eine vergleichende empirische Studie, die ihren Ausgangspunkt von der Beobachtung nahm, wie ein Amtsinhaber die Regeln der Verfassung hintertreibt, die er zu schützen hat.
Lange nach diesem Tag fanden Chronisten des gescheiterten Putschversuchs erstaunlich viele Belege für detaillierte Pläne, den abgewählten Präsidenten im Amt zu halten.