Egon Bahr

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In der SPD war er ein Titan, der seinen Ruf nicht den Lagern der einen oder anderen Richtung verdankte, sondern dem Verstand, der Umsicht, der Prägnanz, mit der er politische Aufgaben in den Blick nahm und adressierte. „Wandel durch Annäherung“ – das war eine politische Vision, die Europa und die Welt verändern half. Es dauerte Jahrzehnte, aber bezeugte, was eine Vision vermag.

Zuletzt sah ich ihn, genauer gesagt ein wunderbares Photo von ihm, im Willy Brandt Haus beim filmpolitischen Abend der SPD während der Berlinale. Bevor ein unterhaltsamer, aber etwas länglicher französischer Film gezeigt wurde, stand, wie es für die Sozialdemokratie üblich ist, eine Diskussion über die Filmbranche, die Initiative pro Quote Regie und Anderes auf der Tagesordnung.

Protokollgemäß eröffnete der Vorsitzende der Medien- und netzpolitischen Kommission beim Parteivorstand den Abend. Man kennt ihn aus anderen Zusammenhängen. An dem Abend hielt er es für zweckmäßig, bei seinem Grußwort auf ein Photo auf der Wand hinter der Bühne hinzuweisen, das ihn besonders beeindruckt habe. Es zeige Herbert Wehner. Im Publikum kam Protest auf. Tatsächlich zeigte das Photo Egon Bahr.

Es gehört schon ein besonderes Talent dazu, Wissen aus dritter Hand so fehlerhaft in Verkehr zu bringen. Es gehört auch besonderes Geschick dazu, ausgerechnet Herbert Wehner und Egon Bahr mit einander zu „velwechsern“. Sein Parteivorsitzender versprach Marc Jan Eumann, diese Anekdote nicht Egon Bahr zu erzählen. Ob Gabriel sein launiges Versprechen gehalten hat? Das ist egal bei Egon Bahr, der das Gras wachsen hörte, ohne daran ziehen zu müssen.

Ruhe er in Frieden!