Der Opel-Podcast der Bundeskanzlerin

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Der Opel-Podcast von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein historisches Dokument. Die Guerilla-Kampagne der SPD kann damit beginnen, Merkels Opel-Rap zu komponieren.

Sprachlich ist der Podcast ein Strauß schiefer Stilblüten, als sei es politische und analytische Absicht, immer mal wieder Subjekt und Objekt oder auch Zweck, Ziele und Mittel mit einander zu verwechseln. Wo die Rede anschaulich sein könnte, verliert sie sich in Abstraktion. Wo sie die Chance hätte, ein leibhaftiges Publikum anzusprechen, spricht Frau Merkel von den Menschen, statt von den Bürgern und Wählern, von ihren Heimatstädten, davon wie es in einer Stadt aussieht, die ihren wirtschaftlichen Kern verlieren könnte.

Das Wort Bürger scheint für Frau Merkel kontaminiert, als stünde es in ihrem persönlichen Wörterbuch des Unmenschen, als habe sie Gründe dafür, den Menschen in ihrer Eigenschaft als Bürgern zu misstrauen. Aber erst in ihrer Eigenschaft als Bürger könnte sie sie auf Augenhöhe ansprechen. Das aber scheint nicht ihr Ziel zu sein. Sie zieht es vor, abstrakt über die Menschen hinweg zu reden. Da kann weder rhetorisch noch politisch etwas Gutes bei herauskommen.

Hinzu kommt die körpersprachliche Befangenheit der Bundeskanzlerin vor der Kamera. Sie hat ein eigenes Kennzeichen hervorgebracht: ihre zu einem Dreieck zusammengepressten Fingerspitzen. Ein Lieblingswort Angela Merkels (ausnahmsweise kommt es in diesem Podcast nicht vor) heißt „diesbezüglich“. Ihre Nüchternheit prägt einen Stil, der die Politik entpolitisiert. Der Sachvortrag des Beamten ist das ihr entsprechende Format.

Versuchen wir uns vorzustellen, wie Barack Obama die Causa Opel zum Thema einer Videoansprache gemacht hätte.

Obama hätte einen historischen Bogen geschlagen – von den Anfängen der Autoproduktion, von dem Desaster des großen Fabrikbrandes im Jahr 1911 und der Erfolgsgeschichte in den Zwanziger Jahren bis zum Verkauf an General Motors.

Er hätte die Gelegenheit genutzt, einige Schönheitsfehler der internationalen Arbeitsteilung anzuprangern, wie etwa den Umstand, dass die Opel-Patente inzwischen bei GM liegen und sogar verpfändet worden sind.

Er hätte aus der Fülle individueller Lebensgeschichten von ein paar Beispielen erzählt, die die Tatkraft, den Optimismus, aber auch die Sorgen der Opelarbeiter und Zulieferer illustriert hätten. Er hätte davon geredet, vor welchen Problemen sich die Städte Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern sähen – und zu welchem Engagement sie bereit wären, wenn es eine praktikable Lösung für eine neue Opel-AG gäbe.

Er hätte daran erinnert, dass es im Land der sozialen Marktwirtschaft noch nie an Kapital gemangelt hat, wenn es darum ging, eine gute Idee in die Tat umzusetzen. Obama hätte die Kurve gekriegt, um diese Geschichten als Rohmaterial dafür zu nutzen, sein eigenes politisches Programnm zu veranschaulichen, wofür ARRA, das Recovery-Paket steht.

Von Frau Merkel aber hören wir:  „Und damit die Selbstheilungskräfte der Sozialen Marktwirtschaft wieder wirken können, müssen wir auch außergewöhnliche und bisher nicht bekannte Wege gehen.“

Noch abstrakter gehts nimmer. Die Folgen schlechter politischer Abstraktion aber sind immer furchtbar konkret.