Verlustanzeige

V

Der Tod Frank Schirrmachers ist eine Zäsur.

Der große Mann ist ein öffentliches Unglück, schreibt Edo Reents. Der Verlust dieses großen Mannes ist ein Unglück für unsere Zeit, der das Phänomen des Phantomschmerzes fehlt, um ermessen zu können, was ihr durch Schirrmachers Tod abhanden gekommen ist: ein Spieler und Gegenspieler, ein Spurenleser, ein Seismograph mit einem Gespür, das auch feinsten Schwingungen den Schritt voraus war, der erst Verstehen in dem umfassenden Sinn dieses Wortes ermöglicht.

Egal zu welcher Tages-, Abend- oder Nachtzeit man ihn erreichte, er glühte auf, weil er das Elektrisierbarsein verkörperte, für Themen und Anregungen offen war, die in der versäulten deutschsprachigen Medienwelt auf dem Weg durch zuständige Ressorts fast unrettbar verloren gegangen wären.

Um sich herum hatte er ein weltweites Netzwerk feinster Verknüpfungen ins Leben gerufen, das wie eine Galaxie mit ihm als jungem Braunen Zwerg verstanden werden könnte, kein Zentralgestirn mit geordneten Umlaufbahnen, kein Trabant, sondern eine verkörperte Fusionsenergie, die ihn nährte, weshalb es aus dieser Logik Ehre bezeugte, von ihm als Oberkonfusionsrat bezeichnet zu werden.

Was wird nun aus dem nicht mehr durch seine Präsenz geordneten Versprechen der um ihn versammelten Talente? Gehen sie verloren, mit ihm dahin? Wer fängt sie auf und bindet sie ein in ein neues Kraftzentrum, das den von ihm eingeschlagenen Kurs auf die dazugehörige unvorhersagbare Weise weiter führt?

Ich habe Frank Schirrmacher mehr zu verdanken, als die schmale Sichtbarkeit einiger Beiträge im Blatt dokumentieren kann. Es begann mit einem späten Debüt in einer für mich sehr schwierigen Zeit.

Dafür danke ich ihm, bestürzt, traurig und erschüttert.