Gestern Mittag bei der Runde mit dem Hund durch die Stadtwildnis hatten wir ein seltsames Erlebnis.
Wir traten am Ende eines schmalen Pfades durch die lieblichsten Kleingärten auf eine Lichtung, wir nennen sie „unsere Kehre“, als wir dort auf einen älteren etwas korpulenten puterroten Mann stießen, der gerade dabei war, sein letztes Kleidungsstück, einen blauen Slip, abzulegen. Auf meine erstaunte Frage, was das solle, erhielt ich keine Antwort. Es schien ihm Beschäftigung genug, den Slip abzulegen, ohne darüber das Gleichgewicht zu verlieren. Zwanzig Meter weiter trafen wir einen uns bekannten Kleingärtner und fragten ihn, ob er wisse, was da – quasi vor seiner Laubentüre – passiere. Wir erhielten eine sehr lakonische Antwort, die eher nach einem weiteren Rätsel klang. Das sei der Nacktputzer. Der Kleingärtner, übrigens auch Familienvater, schien sich in dieses Schicksal gefügt zu haben, und plötzlich erinnerte ich mich daran, dass vor einigen Wochen seine Kinder mir aufgeregt entgegen gelaufen waren und mich gefragt hatten, ob ich den Nacktputzer gesehen hätte. Ich hatte das für ein Spiel gehalten und es sogleich wieder vergessen. Nein, ich hatte keinen Nacktputzer gesehen. Als ich den Gärtner danach fragte, was der Nacktputzer denn mache, erhielt ich die zweite lakonische Antwort: er putze Steine. Der Laubenpiper schien sich in das Schicksal dieser ungesuchten Nachbarschaft gefügt zu haben. Was du nicht ändern kannst, das nimm doch einfach hin. Nun also den Nacktputzer, für die Steine! Von denen aber gibt es im Gelände, durch das einst ein Gleis mit Schotterbett geführt hatte, so viele, dass wir endlich verstanden, dass da einer seine Lebensaufgabe gefunden haben muss.
Mögen die Steine es ihm danken!